Gefährdungsbeurteilungen im Abfall- und Entsorgungsmanagement
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Gefährdungsbeurteilungen sind ein zentrales Instrument, um die Arbeitssicherheit und Gesundheit der Beschäftigten im Abfall-, Wertstoff- und Entsorgungsmanagement zu gewährleisten.
Insbesondere aufgrund der heterogenen Abfallfraktionen (von nicht gefährlichen Wertstoffen bis hin zu Sonderabfällen) ist eine umfassende Rechts- und Normenbasis zu beachten. Nachfolgend wird erläutert, wie Gefährdungsbeurteilungen rechtlich verankert sind und welche Normen/Standards dabei relevant sein können.
Sicherheitsrisiken erkennen und strukturiert bewerten
- Rechtliche Grundlagen
- Normen und Standards
- Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung
- Besonderheiten
- Vorteile
- Fazit
Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
Zentrale gesetzliche Grundlage in Deutschland: § 5 ArbSchG verlangt, dass der Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen beurteilt und entsprechende Maßnahmen zum Arbeitsschutz festlegt.
Gilt branchenübergreifend und stellt den Mindestrahmen für Gefährdungsbeurteilungen dar.
Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
Regelt den sicheren Betrieb von Arbeitsmitteln (z. B. Maschinen, Anlagen, Schutzeinrichtungen) und erfordert in vielen Fällen eine Gefährdungsbeurteilung für den spezifischen Einsatz von Geräten.
Relevant, wenn im Abfall- und Wertstoffmanagement z. B. Pressen, Schredder oder Förderanlagen eingesetzt werden.
Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
Grundlegende Vorschriften zu Umgang, Lagerung und Kennzeichnung von Gefahrstoffen (z. B. ätzende, toxische oder brandgefährliche Substanzen).
Erfordert eine zusätzliche Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen (Abschnitt 6 GefStoffV) und gegebenenfalls das Erstellen von Betriebsanweisungen und Schutzmaßnahmen (TRGS 555).
Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)
Konkrete Konkretisierungen und Auslegungshinweise zur GefStoffV.
Relevant sind u. a. TRGS 400 (Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen), TRGS 510 (Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern), TRGS 551 (Abgase) etc.
DGUV-Vorschriften und Regeln
Vorschriften und Regeln der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) ergänzen die gesetzlichen Pflichten.
Zum Beispiel DGUV Regel 112-190 (Benutzung von Atemschutzgeräten) oder DGUV Regel 114-601 (Branche Abfallwirtschaft).
Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG)
Regelt primär den Umgang mit Abfällen im Sinne der Kreislaufwirtschaft, enthält jedoch auch Aspekte zur Sicherheit und Verantwortung beim Umgang mit unterschiedlichen Abfallarten.
Indirekt relevant für die Gefährdungsbeurteilung, da es spezifische Pflichten für z. B. Abfallsammler und -beförderer vorgibt.
ISO 45001 (Managementsysteme für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit)
Internationaler Standard für ein systematisches Arbeitsschutzmanagement.
Die Gefährdungsbeurteilung lässt sich strukturell in ISO 45001 integrieren (z. B. im Rahmen des Risikomanagement-Prozesses).
Unternehmen können sich zertifizieren lassen, was ihre interne Organisation und Compliance gegenüber Kunden und Behörden belegt.
DIN EN ISO 14001 (Umweltmanagementsysteme)
Die Einbindung der Gefährdungsbeurteilung in ein Umweltmanagementsystem kann sinnvoll sein, wenn z. B. stoffliche oder umweltgefährdende Risiken bewertet werden (Schnittmengen zu Abfällen und Emissionen).
Zwar fokussiert ISO 14001 auf Umweltthemen, doch der Rechtskontext ist oftmals eng mit dem Arbeits- und Gesundheitsschutz verbunden.
DIN SPEC 91436:2021-05 (Abfall- und Wertstoffmanagement)
Diese Spezifikation liefert Rahmen und Prozesse für das betriebliche Abfall- und Wertstoffmanagement. Sie kann Hilfestellungen geben, wie man die Gefährdungsbeurteilung im Kontext von Kreislaufwirtschaftssystemen angeht.
Unter anderem geht es um Rollenverteilung, Kommunikation, Dokumentation – Elemente, die auch in Gefährdungsbeurteilungen relevant sind.
Branchen- oder Unternehmensrichtlinien
Viele Entsorgungsbetriebe oder Recyclingunternehmen haben interne Standards entwickelt (z. B. betriebliche Handlungshilfen zur Gefahrstofflagerung), die eine Gefährdungsbeurteilung ergänzen.
Häufig fließen auch BG-Regeln (Berufsgenossenschaften) ein, welche konkrete Hinweise zur sicheren Abfallsammlung, Sortierung und Lagerung geben.
Arbeitsbereiche abgrenzen
Sammelstellen für Wertstoffe (Papier, Kunststoff, Glas), Sonderabfall-Lager, Kompostierbereich, Gefahrstofflager.
Berücksichtigung externer Schnittstellen (z. B. Transport, Kooperationen mit Recyclingunternehmen).
Gefährdungen ermitteln
Mechanisch: Quetschgefahr beim Umgang mit Pressen, Schreddern.
Chemisch: Umgang mit Batterien, Lösemitteln, Farben, Ölen.
Biologisch: Schimmel, Keime, ggf. tierische Ausscheidungen.
Physikalisch: Lärm (z. B. Zerkleinerungsanlagen), Hitze/Kälte, Vibrationen, Strahlung (seltene Fälle).
Ergonomisch: Heben schwerer Container, Sortiertätigkeiten mit dauerhafter Belastung, ungünstige Körperhaltung.
Psychisch: Schichtbetrieb, monotone Arbeiten, Zeitdruck (z. B. bei Engpässen).
Risiko-Bewertung
Orientiert an Wahrscheinlichkeit (Eintritt) und Schadensausmaß (mögliche Verletzungs- oder Krankheitsfolgen).
Priorisierung hochriskanter Szenarien (z. B. Einsturzgefahr, Explosionsrisiko, Kontakt zu krebserregenden Stoffen).
Maßnahmen definieren
Technisch: z. B. automatische Förderbänder, Maschinenverkleidungen, Absaugung.
Organisatorisch: feste Arbeitsanweisungen, klare Kennzeichnung von Abfallsorten, Trennung von Gefahrenbereichen, Wartungsintervalle.
Persönliche Schutzausrüstung (PSA): Helme, Handschuhe, Atemschutz, Sicherheitsstiefel etc.
Verhaltensbezogen: Schulungen, Sensibilisierungs-Aktionen, Unterweisungen in Gesetzes- und Normenvorgaben.
Hohe Materialvielfalt
Chemische, mechanische und biologische Gefährdungen können in einem Betrieb kombiniert auftreten.
Sorgfältige Kennzeichnung und Getrenntlagerung sind unerlässlich, auch um TRGS 510 (Lagerung von Gefahrstoffen) zu erfüllen.
Mobile Tätigkeiten
Beschäftigte sind oft außerhalb fester Betriebsstätten tätig (z. B. Sammelfahrzeuge, Straßencontainer).
Gefährdungsbeurteilungen müssen mobile Arbeitsplätze einbeziehen (Sicherheitsausstattung, Verkehrsregeln, Witterungseinflüsse).
Kooperation mit Fremdfirmen und Subunternehmern
Häufig holen externe Dienstleister bestimmte Fraktionen ab (z. B. Sondermüll).
Verpflichtung zur koordinierten Gefährdungsbeurteilung (ArbSchG § 8, DGUV Vorschrift 1); Informationsaustausch über Risiken und Schutzmaßnahmen (z. B. schriftliche Vereinbarungen).
Nutzen und Vorteile
Rechtssicherheit: Erfüllung gesetzlicher Pflichten (ArbSchG, GefStoffV etc.) und Minimierung von Haftungsrisiken.
Kostenvorteile: Verringerung von Unfällen, Ausfallzeiten, Sachschäden und möglichen Bußgeldern.
Imagegewinn: Seriöser und sicherer Umgang mit Abfällen kann das Vertrauen von Kunden, Behörden und Öffentlichkeit stärken.
Strukturierte Prozessoptimierung: Durch die Analyse von Gefährdungen erkennt man oft organisatorische oder technische Schwachstellen und kann gleichzeitig die Effizienz steigern.
Eine systematische Gefährdungsbeurteilung im Abfall-, Wertstoff- und Entsorgungsmanagement erfordert die Beachtung vielfältiger Rechtsvorschriften (ArbSchG, GefStoffV, BetrSichV, KrWG) und Normen/Standards (ISO 45001, DGUV-Regeln, TRGS), um den hohen
Durch die Integration in ein umfassendes Arbeitsschutz- oder Umweltmanagementsystem und die Einbindung aller relevanten Stakeholder (Mitarbeitende, externe Dienstleister, Behörden) lassen sich Gefahrenquellen frühzeitig erkennen, Risiken systematisch minimieren und Betriebsabläufe nachhaltig verbessern. Damit wird nicht nur die Arbeitssicherheit erhöht, sondern auch ein wichtiger Beitrag zu verantwortungsvollem und effizientem Ressourcenmanagement geleistet.