Rechtskonforme und betriebssichere Identifikation gefährlicher Abfälle im betrieblichen Umweltmanagement Gefährliche Abfälle stellen besondere Anforderungen an Identifikation, Lagerung, Transport, Entsorgung und Nachweisführung. Ihre Einstufung und Klassifikation ist eine gesetzlich geregelte Pflicht und zugleich die Grundlage für sichere, rechtskonforme und verantwortungsvolle Entsorgungsprozesse im Unternehmen. Dabei geht es nicht nur um die Auswahl des richtigen Abfallschlüssels nach AVV, sondern auch um die Bewertung der Gefährlichkeitsmerkmale nach europäischem Recht, die Deklaration in Nachweisdokumenten und die richtige Handhabung gemäß Arbeitsschutz und Umweltschutz. Die Einstufung gefährlicher Abfälle ist kein formaler Schritt, sondern ein zentraler Sicherheitsprozess. Sie erfordert fachliche Qualifikation, strukturierte Abläufe, aktuelle Daten – und ist integraler Bestandteil der Umwelt- und Betreiberverantwortung im Unternehmen.
Rechtlicher Rahmen - Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) § 3: Begriffsbestimmungen (z. B. gefährlicher Abfall, Abfall zur Beseitigung)
§ 50: Dokumentations- und Nachweispflichten
Abfallverzeichnisverordnung (AVV) Anhang zur Bestimmung des korrekten sechsstelligen Abfallschlüssels
Spiegelt die europäische Abfallverzeichnisrichtlinie 2000/532/EG
Unterscheidung zwischen gefährlich (mit * gekennzeichnet) und nicht gefährlich
Nachweisverordnung (NachwV) Pflichten zur Deklaration, Begleitscheinerstellung und Entsorgungsnachweisführung
Zentrale Registrierung im eANV über ZKS-Abfall
Gefahrstoffrecht / Chemikalienrecht Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-Verordnung): Einstufung von Stoffen und Gemischen
Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) bei Überschneidungen mit Gefahrstofflagerung und Transport
Technische Regeln (z. B. TRGS 201, TRGS 400, TRGS 510)
Vorgehensweise zur Einstufung gefährlicher Abfälle - Schritt 1: Abfallidentifikation Herkunftsbestimmung: Wo und wie entsteht der Abfall?
Physikalische Form: fest, flüssig, pastös, gasförmig
Zusammensetzung: chemische Analyse, Sicherheitsdatenblätter, Inputstoffe
Schritt 2: Abfallschlüssel nach AVV ermitteln Auswahl über zweistellige Kapitelnummer (z. B. 13 = Ölhaltige Abfälle)
Verfeinerung auf vier- und sechsstellige Schlüssel
Auswahl der zutreffenden Bezeichnung (z. B. 130205* = nicht chlorierte Maschinenöle)
Schritt 3: Gefährlichkeitsmerkmale prüfen Schritt 4: Prüfung der „Spiegeleinträge“ Bei vielen AVV-Schlüsseln gibt es gefährliche und nicht gefährliche Varianten
Entscheidung erfolgt auf Basis der Inhaltsstoffe und Konzentrationen
Nachweispflichtig und dokumentationspflichtig
Schritt 5: Dokumentation und Weitergabe Abfallschlüssel, H-Kennzeichnung, ggf. UN-Nummer (Transport), Sicherheitsdatenblatt
Angaben im Entsorgungsnachweis, Begleitschein, Übergabeprotokoll
Eintragung ins Abfallregister, ggf. eANV
Beispiele für typische gefährliche Abfälle nicht chlorierte Maschinenöle
H6, H14
regelmäßiger Fall in Werkstätten
Leuchtstoffröhren
H6, H14
enthält Quecksilber
Schwefelsäure und Salzsäure
H4, H8
Labor-, Reinigungs- oder Prozesschemie
infektiöse Abfälle aus der Humanmedizin
H9
Krankenhaus, Labor, Pflege
Verpackungen mit gefährlichen Rückständen
H14
z. B. Altfarbeimer, Ölbehälter
Schnittstellen im Unternehmen - Umweltmanagement / Abfallbeauftragter Koordination der Abfallklassifikation
Kommunikation mit Entsorgern, Behörden, Auditoren
Integration in Umweltziele und Berichte
Facility Management Kennzeichnung und sichere Lagerung gefährlicher Abfälle
Schulung von Reinigungspersonal und technischen Diensten
Zuständigkeit für Abholung, Transport, Übergabe
Einkauf / Produktion Einfluss durch Produktwahl und Materialeinsatz
Optimierung von Stoffkreisläufen zur Vermeidung gefährlicher Abfälle
Auswahl geeigneter Alternativstoffe
Arbeitsschutz / Gefahrstoffmanagement Lagerung nach TRGS 510
Abstimmung mit Gefahrstoffkataster und Betriebsanweisung
Vorbereitung auf Notfälle, Unfälle, Leckagen
Digitale Unterstützung - Systeme zur Abfallerfassung und -dokumentation Module in CAFM oder Umweltmanagementsoftware
Erfassung von Abfallarten, Mengen, H-Merkmalen, AVV-Schlüsseln
Archivierung von Nachweisen, eANV, Wiegescheinen
Gefahrstoffmanagementsysteme Kopplung mit SDB-Datenbanken zur automatischen Klassifikation
Verknüpfung mit Lagerorten, Prüfterminen, Notfallinfos
Schnittstelle zu Entsorgern / ZKS-Abfall Elektronische Übermittlung von Nachweisdaten
Protokollierung von Übergaben, Empfangsbestätigungen
Statusverfolgung gefährlicher Abfälle im Entsorgungsprozess
Anforderungen an Schulung und Organisation Schulungspflicht für verantwortliches Personal (z. B. nach TRGS 520)
Einweisung aller Beteiligten in AVV-Systematik und H-Kriterien
Regelmäßige Aktualisierung bei Gesetzesänderungen oder Prozessänderungen
Verantwortlichkeitsmatrix für Klassifikation, Lagerung, Transport, Dokumentation