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FM-Solutionmaker: Gemeinsam Facility Management neu denken

Rechtssichere und nachhaltige Ausschreibung von Entsorgungsdienstleistungen im betrieblichen und öffentlichen Kontext

Rechtssichere und nachhaltige Ausschreibung von Entsorgungsdienstleistungen im betrieblichen und öffentlichen Kontext

Die Auswahl eines Entsorgungsdienstleisters ist nicht nur eine Frage des Preises – sie entscheidet über Rechtskonformität, Umweltwirkung, Betriebssicherheit und Nachhaltigkeit des gesamten Abfallmanagements. Die sorgfältige Definition von Vergabekriterien ist daher ein zentrales Steuerungsinstrument für Unternehmen und öffentliche Auftraggeber. Neben dem wirtschaftlich günstigsten Angebot rücken zunehmend Qualität, Umweltleistung, Recyclingfähigkeit, Dokumentation und soziale Standards in den Fokus. Ein durchdachtes, rechtssicheres und leistungsbezogenes Vergabekonzept verbessert nicht nur die Entsorgungsqualität, sondern stärkt auch die ESG-Strategie und reduziert Risiken im Betrieb.

Vergabekriterien im Bereich Entsorgung sind mehr als Preistabellen. Wer sie systematisch entwickelt, normgerecht formuliert und umweltorientiert gewichtet, legt den Grundstein für ein rechtssicheres, nachhaltiges und wirtschaftlich tragfähiges Abfallmanagement.

Rechtlicher Rahmen für Vergabekriterien - Öffentliche Auftraggeber (Vergaberecht):

  • GWB / VgV / UVgO / VOL/A – Grundsätze der Gleichbehandlung, Transparenz, Nichtdiskriminierung

  • Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot, nicht zwingend das billigste

  • Möglichkeit zur Berücksichtigung von Umweltaspekten und sozialen Kriterien (§ 58 VgV)

Private Auftraggeber:

  • Vertragsfreiheit, aber Bindung an abfall- und umweltrechtliche Vorschriften

  • KrWG, NachwV, GewAbfV, AVV als Mindeststandards

  • Regresspflicht bei Auswahl ungeeigneter Dienstleister (§ 823 BGB)

Umweltrechtlich:

  • Verpflichtung zur Auswahl zertifizierter Entsorger

  • Beachtung der Nachweispflichten nach NachwV

  • Sicherstellung der Getrennthaltung nach GewAbfV durch beauftragte Firmen

Arten von Vergabekriterien - Eignungskriterien (Ausschlusskriterien):

  • Zulassung als Entsorgungsfachbetrieb / Nachweis nach § 56 KrWG

  • Eintragung im Abfallverzeichnis (AVV-konforme Entsorgung)

  • Referenzen ähnlicher Projekte / Branchenerfahrung

  • Nachweis von Transportgenehmigungen, ADR, Gefahrgutschulungen

  • Eigenerklärung zu Korruptionsfreiheit und Sozialstandards

Zuschlagskriterien (Wertungskriterien) - Preis / Kosten:

  • Entsorgungskosten je Fraktion, Behältermiete, Transport

  • Kostentransparenz / Kalkulationsmethode

Technische Qualität:

  • Turnusgenauigkeit, Reaktionszeit bei Sonderleerung

  • Nachweissysteme (z. B. eANV, Wiegescheine, Verwertungsnachweis)

  • Behälterqualität, Reinigung, Zustandsmeldungen

Umweltkriterien:

  • Verwertungsquote je Fraktion

  • Anteil stofflicher Verwertung / Rezyklate

  • CO₂-Emissionen pro Tonne / Transportweg

  • Verwendung emissionsarmer Fahrzeuge (E, LNG, HVO)

Nachhaltigkeit und Digitalisierung:

  • Digitales Reporting, API-Schnittstellen zu CAFM oder UMS

  • Rückverfolgbarkeit von Abfällen

  • ESG-Reporting, Zertifizierung nach ISO 14001, EMAS, Zero-Waste-Strategien

Soziale Aspekte:

  • Tarifbindung, Qualifikation des Personals, Ausbildung

  • Arbeitsschutz- und Sozialstandards

  • Integration von Menschen mit Behinderung, Inklusionsbetriebe

Beispielhafte Gewichtung bei einer ESG-orientierten Vergabe:

Kriterium

Gewichtung

Preis / Kosten

40 %

Umwelt- und Recyclingleistung

25 %

Nachweisführung / Digitalisierung

15 %

Technische Umsetzung

10 %

Soziale Kriterien

10 %

Bewertungsmethoden:

  • Punktesystem mit Mindestanforderungen

  • qualitative Bewertung mit standardisierten Bewertungsbögen

  • Bewertungsmatrix mit schriftlicher Begründung je Position

  • Vermeidung von Wertungsspielraum durch klare Bewertungsskalen

Dokumentation und Rechtssicherheit

  • Vergabeakte mit allen Kriterien, Gewichtungen, Bewertungsunterlagen

  • Protokoll über Bietergespräche / Rückfragen

  • Checklisten zur Abgleichung mit Anforderungen aus KrWG, GewAbfV, NachwV

  • Aufbewahrungspflicht für Angebotsunterlagen, Nachweise, Protokolle (mind. 5 Jahre)

Umweltmanagement:

  • Nutzung der Abfallreport-Daten für Umweltzielverfolgung

  • Integration der Kennzahlen in ISO 14001, EMAS, ESG-Berichte

  • Bewertung der Dienstleister im Umweltprogramm

Facility Management / CAFM:

  • Vertragsdatenpflege (Turnus, Behälter, Kostenstellen)

  • Erfassung von Mängeln, Sonderleerungen, Zusatzleistungen

  • Integration der Daten in Instandhaltung und Reinigung

Einkauf / Controlling:

  • Verknüpfung mit Einkaufsrichtlinien für Nachhaltigkeit

  • Bewertung von langfristigen Kosteneffekten (z. B. durch höhere Verwertung)

  • Rückverfolgbarkeit für Lieferketten- und Risikomanagement